Der Herr Mixa, so wurde heute bekannt, will ja nun mit sich selbst in Klausur gehen (man kann sich angenehmere Genossen für ein solches Unterfangen vorstellen!) und hat den Herrn Ratzinger um seinen Rücktritt gebeten.
Er werde, so ließ sein Generalvikar verlauten, sich «ab heute einfach einmal um seine Gesundheit kümmern» und an einem geheimen Ort einen «Erholungsurlaub» nehmen, um seine «innere Ruhe» wiederzufinden. Das hätte er mal früher tun sollen. Nein, nicht vor einigen Wochen, als die Vorwürfe publik wurden. Viel, viel früher. So vor 40 Jahren vielleicht. Dann wären den Menschen seine Hasstiraden erspart geblieben. Den Waisenkindern wäre auch einiges erspart geblieben. Dann hätte die katholische Kirche jetzt nicht einen Bischof an der Backe, einen bösen alten Mann, der auch vor Jahren schon – sollten die Vorwürfe stimmen – kein guter war. Einer, der, wenn die Vorhaltungen hinsichtlich der Waisenkinder korrekt sind, das für die Kinder bestimmte Geld für seinen persönlichen Luxus (teure Weine, teure Uhrenreparaturen, überteuerte Kunstgegenstände usw.) ausgab und auch noch die Frechheit hatte, zumindest die Kunst als Wohltat für die Kinder auszugeben. Der mindestens aktuell wiederholt log und die Betroffenen damit der Lüge zeihte, sie also doppelt schädigte und traf.
Den „geheimen Ort“ allerdings, an dem er seine Einkehr halten will, mag man ihm, der die Medien für seine Zwecke wie die Geißelung des Atheismus oder der Verhütung durchaus zu nutzen wusste, nicht gönnen. Der umgehend verkünden ließ, die Vorwürfe gegen ihn seien haltlos. Der Medienmann Mixa kneift jetzt vor der Öffentlichkeit, wo er selber betroffen ist durch selbstverantwortete, wenig christliche Taten. Pikant an dem Rücktrittsgesuch ist auch, dass er u.a. von dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz hierzu quasi aufgefordert werden musste. Reue stellt sich anders dar. Und auch die Bischofskonferenz stand wohl weniger unter dem Einfluss, dass der Kollege menschlich kein Vorbild in einigen Hinsichten war und ist, sondern sahen die Schäflein davonlaufen.
Was sagt das nun? Die Kirche hat Autorität und Einfluss in der Gesellschaft, weil es immer noch Mensch gibt, die glauben, die Kirchenvertreter wüssten nicht nur den Weg zum ewigen jenseitigen Heil, sondern auch den Weg dazu, ein wenn schon nicht guter, so doch besserer Mensch zu werden. Auch wiesen sie den Weg zu einer menschlicheren Gesellschaft. Doch daran kann man berechtigte Zweifel haben. Als die Kirche noch mehr und sehr viel Macht in der Gesellschaft hatte, stand es mitnichten zum Besseren bezüglich der Rechte des Individuums.
Die Deutungshoheit, was eine Gesellschaft gut und menschlich macht, muss man der Kirche wenn schon nicht absprechen, so doch zumindest streitig machen. Auch die Deutungshoheit, was den Menschen gut macht, sollte man ihr nicht überlassen. Zu oft in der Vergangenheit war der Mensch oder das System „gut“ für die Kirche, der oder das ihr bzw. ihren Oberen diente. Was der Kirche nutzte, wurde gut geheißen. Die „Moral“ kam an zweiter Stelle. Und wenn Schweigen für die Kirche gut war, dann wurde geschwiegen.
Die Kirche steht mit ihrem Eigenanspruch, den besseren Menschen zu schaffen, derzeit verdienterweise auf etwas verlorenem Posten.
Hat die Kirche, hat Glauben überhaupt diesen – immer wieder behaupteten – Einfluss (man sehe jetzt einmal von offen zur Gewalt aufrufenden Religionen wie dem Islam ab)? Wenn man der Atheismus-Statistik glauben darf, nein.
Menschen, die eine innere Moral im Sinne von Achtung der Rechte des Mitmenschen haben, brauchen weder Strafe noch Belohnung durch einen Gott oder eine jenseitige Existenz. Menschen, denen diese innere Moral fehlt, sind auch durch Religion kaum dazu zu bringen, dass sie den Mitmenschen nicht schädigen. Für die Förderung einer menschlicheren Gesellschaft wäre es also wesentlich sinnvoller, Kinder mehr Empathie zu lehren als den Katechismus.
„Das Böse ist immer und überall“?
Ja, aber auch das Gute. Und immer mehr Menschen finden dazu, dass sie die Entscheidung, was gut ist und was böse, nicht von älteren Herren nach Aktenlage entscheiden lassen wollen. Weil es die nämlich meist gar nicht besser wissen, sondern nur so tun. Oder das bessere Wissen unter den Eigennutz stellen.
Der Herr Mixa jedenfalls hat das achte Gebot nicht sonderlich ernst genommen. Die möglicherweise kommende Strafe seines Herrn, für den er ja Vorbild sein soll für die Gläubigen, hat ihn nicht beeindruckt. Man könnte dies für einen bedauerlichen Mangel an Ehrfurcht vor seinem Herrgott halten.
Beeindruckt hat ihn nur das elfte Gebot: „Du sollst dich nicht erwischen lassen“.